Unschärfe

In der ungegenständlichen Malerei wird man kaum von einem „unscharfen Pinselstrich“ sprechen. Wie sollte man hier „unscharf“ als Beschreibung anbringen können? Man wird eher von „verschwommen“ oder „verwischt“ sprechen.

Sobald Gegenstände abgebildet werden, die auch nur rudimentär erkennbar sind, wird deren Darstellung sofort mit dem „Original“ verglichen. Stellt man in der Darstellung eine Abweichung von der eigentlich möglichen differenzierten Beobachtung mit dem Auge fest, dann fragt man sich bzw. den Autor der Abbildung, weshalb die mögliche Präzision nicht angewandt wurde. Bei der Malerei würde man eine Absicht unterstellen, bei der Fotografie würde man es aber eher auf die physikalischen Bedingungen zurückführen. Die Blende ermöglicht eine geringe oder ausgeprägte Tiefenschärfe, abhängig von der Belichtungszeit. Natürlich wird aber auch hier eine gestalterische Entscheidung getroffen, es ist ja eben kein rein technischer Prozess.

Die Unschärfe im Bild spricht die Fokussierung des Auges oder eine Dynamik im Verhältnis von Betrachter/Kamera und Realität an. Beide Aspekte thematisieren „Bewegung“.

Unschärfe kann aber auch nach der Belichtung in der digitalen Dunkelkammer erzeugt werden. Sie spricht dann Erfahrungen von Unschärfe bei der Fokussierung und der Bewegung im Unterschied zur künstlich eingefügten Unschärfe an, die andere Optionen besitzt. Dies sorgt für Irritationen durch Abweichung zur Realitätserfahrung, bei gleichzeitiger Vertrautheit des Phänomens.

Unscharfe Bildteile müssen erst noch decodiert werden: Was verbirgt sich dahinter? Ist es nicht gänzlich auflösbar, bleibt ein unbehaglicher Aspekt übrig. Wie wird dieser „Rest“ dann gefüllt bzw. gefühlt? Vermutlich werden persönliche Erfahrungen projiziert um das „Rätsel“ zu lösen.

(s.a.: https://de.wikipedia.org/wiki/Unschärfe)